Muss ich eine Abfindung versteuern?

Abfindung und Steuerpflicht im Überblick

Eine Abfindung ist für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zunächst ein finanzieller Lichtblick in einer oft schwierigen Situation. Sie soll den Verlust des Arbeitsplatzes abfedern und eine gewisse finanzielle Sicherheit während der Übergangsphase bieten. Doch schnell stellt sich die Frage: Muss eine Abfindung versteuert werden – und wenn ja, wie hoch fällt die Steuerlast aus?

Abfindung Steuerlast

Die klare Antwort lautet: Ja, Abfindungen sind Zahlungen wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und sind steuerpflichtig. Sie gelten als außerordentliche Einkünfte und müssen im Rahmen der Einkommensteuer versteuert werden. Doch damit ist die Thematik nicht abgeschlossen. Denn wie hoch die tatsächliche Steuerbelastung ausfällt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Zudem gibt es spezielle steuerliche Regelungen wie die sogenannte Fünftelregelung, die eine deutliche Entlastung ermöglichen können.

Gerade weil hier schnell finanzielle Unterschiede im fünfstelligen Bereich entstehen können, empfiehlt sich eine fundierte rechtliche und steuerliche Beratung. Eine Anwaltskanzlei wie Rechtsanwälte Fachanwälte Gesterkamp unterstützt Sie dabei, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu prüfen, die steuerlichen Auswirkungen einzuschätzen und individuelle Gestaltungsmöglichkeiten optimal zu nutzen.

Steuerliche Einordnung einer Abfindung

Rein rechtlich handelt es sich bei einer Abfindung um eine Entschädigungszahlung. Sie wird nicht für bereits erbrachte Arbeitsleistung gezahlt, sondern als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, evtl. z.B. erst zur Beendigung des Klageverfahrens gegen die Kündigung im Rahmen einer Einigung.

Die steuerliche Behandlung ist im Einkommensteuergesetz (EStG) geregelt. Abfindungen gehören zu den sogenannten außerordentlichen Einkünften (§ 34 Abs. 1, 2 Nr. 2 EStG). Sie unterliegen der Lohn- bzw. Einkommensteuer. Das bedeutet: Die Abfindung wird zum regulären Jahreseinkommen hinzugerechnet und erhöht damit die steuerliche Bemessungsgrundlage.

Sozialversicherungsfreiheit

Eine gute Nachricht für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist, dass Abfindungen nicht sozialversicherungspflichtig sind. Es fallen also keine Beiträge zur Kranken-, Renten-, Pflege- oder Arbeitslosenversicherung an. Die Steuerlast ist daher der einzige Abzug, der zu berücksichtigen ist.

Die Fünftelregelung: Steuererleichterung bei Abfindungen

Ohne steuerliche Sonderregelung würde eine Abfindung in voller Höhe auf das Jahreseinkommen aufgeschlagen. Das könnte dazu führen, dass Betroffene durch den Progressionseffekt einen deutlich höheren Teil der Abfindung als Steuer zahlen müssen.

Gut zu wissen: Um diese Härtefälle abzumildern, sieht das Gesetz die Fünftelregelung (§ 34 Abs. 1 EStG) vor.

Funktionsweise der Fünftelregelung

Die Abfindung wird so behandelt, als ob sie über fünf Jahre verteilt ausgezahlt worden wäre. Das bedeutet:

  1. Das normale zu versteuernde Einkommen wird berechnet (Steuer ohne Abfindung).
  2. Ein Fünftel der Abfindung wird zum Einkommen addiert, die Steuer darauf ermittelt.
  3. Die Differenz zwischen 1. und 2. wird mit fünf multipliziert. Das ist die Steuer auf die gesammte Zahlung (Einkommen plus Abfindung).

Ergebnis: Die Steuerprogression wird abgemildert und es bleibt netto mehr von der Abfindung übrig.

Voraussetzungen

Die Fünftelregelung wird allerdings nicht automatisch angewandt. Ab Januar 2025 sind die Arbeitgeber nicht mehr für die Fünftelregelung zuständig, sondern die Finanzämter übernehmen die Erstattung des Steuervorteils. Die Fünftelregelung muss von den gekündigten Arbeitnehmern über ihre Steuererklärung beantragt werden. Damit verzögert sich die Auszahlung der Steuerersparnis. Zudem gilt die Fünftelregelung nur, wenn die Abfindung geballt in einer Summe in einem Veranlagungszeitraum (Kalenderjahr) ausgezahlt wird (kleinere Teilzahlungen unter 10 % können unschädlich sein).

Wichtig: Gerade hier lohnt sich die Beratung durch Ihren Anwalt und Ihren Steuerberater, um sicherzustellen, dass die Abfindung steuerlich optimal gestaltet wird.

Einflussfaktoren auf die Steuerlast

Wie hoch die Steuerbelastung bei einer Abfindung tatsächlich ausfällt, hängt von mehreren Faktoren ab.

Höhe der Abfindung

Je höher die Abfindung, desto stärker wirkt sich der Progressionseffekt aus. Hier zeigt die Fünftelregelung besonders deutlich ihre Wirkung.

Persönliches Jahreseinkommen

Wer ohnehin ein hohes Einkommen erzielt, zahlt auch auf die Abfindung hohe Steuern. Für Geringverdiener oder Arbeitnehmer, die nach der Kündigung zunächst arbeitslos werden, kann sich die Steuerlast hingegen in Grenzen halten.

Steuerklasse

Die individuelle Steuerklasse spielt ebenfalls eine Rolle. Verheiratete Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollten prüfen, ob ein Wechsel der Steuerklasse im Jahr der Abfindungszahlung sinnvoll sein kann.

Zeitpunkt der Auszahlung

Die Steuerlast kann auch dadurch beeinflusst werden, in welchem Jahr die Abfindung zufließt. Wird die Abfindung beispielsweise in einem Jahr gezahlt, in dem sonst kein Arbeitseinkommen mehr erzielt wird, fällt die Steuer oft deutlich niedriger aus.

Individuelle Freibeträge

Persönliche Freibeträge wie Kinderfreibeträge oder außergewöhnliche Belastungen können die Steuerlast ebenfalls reduzieren.

Praktisches Rechenbeispiel zur Besteuerung

Höher der Steuerlast Abfindung

Um die steuerliche Wirkung der Fünftelregelung greifbar zu machen, betrachten wir ein vereinfachtes Beispiel:

  • Jahresbrutto ohne Abfindung: 40.000 €
  • Abfindung: 50.000 €

Ohne Fünftelregelung

Das zu versteuernde Einkommen läge bei 90.000 €. Die Steuerlast würde stark steigen, weil der gesamte Betrag in die höhere Progression fällt.

Mit Fünftelregelung

  • Schritt 1: Berechnung Steuer für 40.000 € Einkommen
  • Schritt 2: Berechnung Steuer für 40.000 € + 10.000 € (ein Fünftel der Abfindung)
  • Schritt 3: Differenz zwischen beiden Steuerbeträgen × 5 = Steuer auf das Einkommen und die Abfindung

Das Ergebnis ist eine deutlich geringere Steuerbelastung. In der Praxis können so schnell mehrere tausend Euro gespart werden.

Gestaltungsmöglichkeiten und Tipps zur Steueroptimierung

Neben der Fünftelregelung gibt es verschiedene Ansätze, die steuerliche Belastung bei Abfindungen zu reduzieren.

Auszahlungstermin verhandeln

Es kann sinnvoll sein, die Auszahlung in ein Jahr zu verlegen, in dem voraussichtlich weniger reguläres Einkommen erzielt wird – etwa, wenn nach der Kündigung zunächst Arbeitslosigkeit folgt.

Steuerklasse prüfen

Ein frühzeitiger Wechsel in eine günstigere Steuerklasse kann sich lohnen. Dies muss allerdings rechtzeitig im Kalenderjahr vor der Abfindungszahlung geschehen.

Abfindung mit Sonderausgaben kombinieren

Wer im selben Jahr hohe Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen hat – etwa durch Krankheitskosten oder Unterhaltszahlungen – kann diese mit der Abfindung verrechnen und so die Steuerlast reduzieren.

Altersvorsorge berücksichtigen

Ein Teil der Abfindung kann in steuerlich begünstigte Altersvorsorgeprodukte wie eine Basisrente eingezahlt werden. Auch dies senkt die Steuerlast.

Rechtliche Beratung in Anspruch nehmen

Da jeder Fall individuell ist, empfiehlt es sich, rechtzeitig anwaltlichen und steuerrechtlichen Rat einzuholen. Unsere Kanzlei, Rechtsanwälte Fachanwälte Gesterkamp, begleiten Mandanten nicht nur im Kündigungsschutzprozess, sondern auch bei der steuerlich optimalen Gestaltung einer Abfindung.

Fazit: Worauf Arbeitnehmer achten sollten

Die Frage „Muss ich eine Abfindung versteuern?“ lässt sich eindeutig mit „Ja“ beantworten. Abfindungen sind steuerpflichtig, allerdings sozialversicherungsfrei. Wie hoch die Steuerlast ausfällt, hängt von einigen Faktoren ab, wie z.B. der individuellen Einkommenssituation, der Höhe der Abfindung und dem Zeitpunkt der Auszahlung ab.

Beachte: Besonders die Fünftelregelung kann erhebliche Steuerersparnisse bringen, muss aber korrekt angewandt werden. Wer hier Fehler macht, riskiert unnötig hohe Steuerabzüge.

Umso wichtiger ist es, sich frühzeitig über die steuerlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen zu informieren. Die Anwaltskanzlei Gesterkamp unterstützt Arbeitnehmer dabei, ihre Ansprüche auf Abfindung durchzusetzen und die Auszahlung so zu gestalten, dass steuerliche Nachteile vermieden werden.

Eine Abfindung ist eine große Chance – nutzen Sie sie optimal.

👉 Unsere Rechtsanwälte stehen Ihnen mit Erfahrung und Fachwissen im Arbeitsrecht zur Seite – individuell, kompetent und lösungsorientiert.

Andreas Gesterkamp

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