Wenn das Gehalt ausbleibt – ernste Folgen für Arbeitnehmer
Das Ausbleiben des Gehalts trifft Arbeitnehmer hart. Fixkosten wie Miete, Kredite oder laufende Rechnungen lassen sich nicht aufschieben. Während Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung regelmäßig und pünktlich erbringen, ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Lohn zu zahlen. Doch was passiert, wenn dieser Pflicht nicht nachgekommen wird? Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen, und wann ist eine Klage sinnvoll? Vor allem: Welche Optionen gibt es, wenn der Arbeitgeber zahlungsunfähig wird oder gar Insolvenz anmeldet?

Rechtliche Grundlagen: Anspruch auf Lohnzahlung
Das Arbeitsrecht ist in diesem Punkt eindeutig: Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf ihre vereinbarte Vergütung. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 611a BGB in Verbindung mit § 614 BGB. Der Lohn ist also fällig, sobald die vereinbarte Arbeitsleistung erbracht wurde – meist zum Monatsende oder einem festgelegten Stichtag.
Bleibt die Zahlung aus, befindet sich der Arbeitgeber automatisch im Verzug. Das bedeutet: Der Arbeitnehmer kann die Zahlung verlangen, Verzugszinsen geltend machen und notfalls auch gerichtlich vorgehen. Wichtig ist zu wissen, dass Arbeitnehmer ihren Anspruch schriftlich einfordern sollten, um klare Beweise für den weiteren Verlauf zu haben.
Erste Schritte: Mahnung, Gespräch und schriftliche Aufforderung
Nicht immer steckt böse Absicht dahinter, wenn der Lohn verspätet gezahlt wird. Fehler in der Buchhaltung, Umstrukturierungen oder Bankprobleme können ebenfalls Ursachen sein. Deshalb sollte der erste Schritt stets das persönliche Gespräch sein. Klare Kommunikation kann Missverständnisse vermeiden.
Bleibt eine Lösung aus, ist die schriftliche Aufforderung zur Zahlung sinnvoll. Diese sollte enthalten:
- Den exakten Betrag, der aussteht
- Den Zeitraum, auf den sich die Forderung bezieht
- Eine angemessene Frist zur Nachzahlung
Tipp: Mit einer schriftlichen Mahnung schaffen Sie zwar eine sinnvolle Grundlage, weitere rechtliche Schritte einzuleiten. Aber: Sie können auch ohne Mahnung sofort klagen, da der Arbeitgeber zu einem im Arbeitsvertrag vereinbarten Zeitpunkt keinen Lohn gezahlt hat.
Klageweg: Wann eine Lohnklage sinnvoll ist
Kommt der Arbeitgeber seiner Zahlungspflicht nicht nach, steht Arbeitnehmern der Weg zum Arbeitsgericht offen. Dort kann eine sogenannte Lohnklage eingereicht werden. Der Vorteil: Arbeitsgerichte sind darauf spezialisiert, solche Verfahren zügig zu behandeln.
In der Praxis läuft es wie folgt ab:
- Der Arbeitnehmer reicht Klage auf Zahlung des offenen Lohns ein.
- Das Gericht prüft den Anspruch.
- Es kommt zu einem frühen Gütetermin. Bestehen keine Zweifel an der der Arbeitsleistung und der vereinbarten Vergütung, wird es zügig zu einer Einigung kommen oder später zugunsten des Arbeitnehmers entschieden.
Eine Lohnklage lohnt sich insbesondere dann, wenn abzusehen ist, dass der Arbeitgeber zahlungsfähig ist, die Zahlung aber zurückhält. Allerdings muss bedacht werden, dass ein gestörtes Arbeitsverhältnis oft die Folge ist. Sollte bereits eine Kündigung durch den Arbeitgeber erfolgt sein, sind sehr kurze Fristen zu beachten, so dass es strategisch sinnvoll sein kann, sofort zu klagen und die Lohnklage mit einer Kündigungsschutzklage zu kombinieren. Dann kann z.B. der ausstehende Lohn mit einer Abfindung gemeinsam verhandelt werden.
Insolvenz des Arbeitgebers: Besonderheiten und Insolvenzgeld
Besonders heikel wird es, wenn der Arbeitgeber zahlungsunfähig ist und Insolvenz anmeldet. In diesem Fall gilt: Offene Löhne für die Zeit vor der Insolvenzeröffnung sind beim Arbeitgeber oft nicht mehr realisierbar, da sie in die Insolvenzmasse fallen.
Hier greift jedoch ein wichtiger Schutzmechanismus: das Insolvenzgeld nach §§ 165 ff. SGB III. Arbeitnehmer erhalten für maximal drei Monate rückwirkend vor dem Insolvenzereignis ihr Nettoentgelt von der Agentur für Arbeit. Dieses Insolvenzgeld ist steuerfrei und sorgt dafür, dass Arbeitnehmer trotz Insolvenz nicht völlig leer ausgehen.
Wichtig: Der Antrag auf Insolvenzgeld muss innerhalb von zwei Monaten nach Insolvenzeröffnung gestellt werden. Eine schnelle Reaktion ist also entscheidend.
Praktische Tipps: Wie Arbeitnehmer sich absichern können
Um im Ernstfall handlungsfähig zu bleiben, sollten Arbeitnehmer folgende Punkte beachten:
- Dokumentation: Arbeitszeitennachweise, Arbeitsvertrag, Lohnabrechnungen sorgfältig aufbewahren. Diese Unterlagen sind im Streitfall entscheidend.
- Fristen wahren: Ansprüche auf Lohn verjähren in der Regel nach drei Jahren. ACHTUNG: In vielen Arbeitsverträgen, Betriebsvereinbarungen und in Tarifverträgen gibt es aber Ausschlussfristen, die deutlich kürzer sein können (z. B. wenige Tage).
- Rechtzeitig handeln: Wer zu lange wartet, riskiert, dass Ansprüche verloren gehen.
- Professionelle Beratung nutzen: Ein erfahrener Fachanwalt für Arbeitsrecht kann einschätzen, wann eine Klage sinnvoll ist und wie bei drohender Insolvenz am besten vorzugehen ist.
Die Kanzlei Gesterkamp Rechtsanwälte unterstützt Arbeitnehmer dabei, ihre Ansprüche rechtssicher durchzusetzen und die richtigen Schritte zu wählen – sei es bei der Klage auf Lohn oder beim Antrag auf Insolvenzgeld.
Fazit: Rechte kennen und gezielt handeln
Ein ausbleibender Lohn ist mehr als ein Ärgernis – er kann existenzbedrohend sein. Doch Arbeitnehmer sind rechtlich geschützt. Zunächst sollten außergerichtliche Schritte unternommen werden. Bleibt der Erfolg aus, ist die Klage vor dem Arbeitsgericht ein wirkungsvolles Mittel. Kommt es zur Insolvenz des Arbeitgebers, sorgt das Insolvenzgeld für einen wichtigen finanziellen Ausgleich.
Je früher Sie reagieren, desto besser können Sie Ihre Rechte sichern. Eine rechtliche Beratung ist in diesen Fällen unverzichtbar, um die individuell beste Strategie zu wählen.