Bedeutung der Dokumentation in der medizinischen Praxis
Die medizinische Dokumentation ist nicht nur organisatorisch wichtig, sondern eine rechtliche Grundlage im Arzthaftungsrecht. Jede Untersuchung, Diagnose, Behandlung und Medikation muss sorgfältig und nachvollziehbar festgehalten werden. Dies dient nicht nur der Patientensicherheit, sondern auch als Beweis im Streitfall. Kommt es zu Unstimmigkeiten oder Schadensersatzforderungen, ist die Dokumentation oft der entscheidende Faktor.
Für Patientinnen und Patienten bedeutet dies: Je vollständiger und korrekter die Dokumentation, desto einfacher ist es, mögliche Behandlungsfehler nachzuweisen. Umgekehrt kann ein Dokumentationsmangel die rechtliche Position erheblich beeinflussen.
Welche Pflichten haben Ärztinnen und Ärzte?
Nach § 630f Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sind Behandelnde verpflichtet, alle wesentlichen Maßnahmen und Ergebnisse der Behandlung unverzüglich und vollständig aufzuzeichnen. Dazu gehören:

- Diagnosen, Befunde und Untersuchungsergebnisse
- Aufklärungs- und Einwilligungsgespräche
- Behandlungsmaßnahmen und Therapien
- Medikation und Verordnungen
- Verlaufskontrollen und Nachsorge
Wichtig ist: Änderungen oder Berichtigungen müssen nachvollziehbar sein. Auch bei elektronischen Patientenakten gilt, dass erkennbar bleiben muss, wann eine Änderung vorgenommen wurde. Zudem sind Patientendokumentationen mindestens zehn Jahre nach Abschluss der Behandlung aufzubewahren.
Ein Verstoß gegen diese Pflicht kann erhebliche rechtliche Folgen haben. Denn das Gesetz sieht ausdrücklich vor, dass Dokumentationsmängel nicht zulasten der Patientinnen und Patienten gehen dürfen.
Rechtsfolgen bei Dokumentationsmängeln
Fehlt eine Eintragung oder ist diese unvollständig, wird rechtlich vermutet, dass die betreffende Maßnahme nicht erfolgt ist. Das bedeutet: Ärztinnen und Ärzte können sich nicht darauf berufen, eine bestimmte Behandlung durchgeführt zu haben, wenn dies nicht dokumentiert ist.
Für Patientinnen und Patienten kann dies ein entscheidender Vorteil sein. In einem Arzthaftungsprozess kann die Beweislast leichter zu ihren Gunsten ausfallen. Die Rechtsprechung spricht hier von einer „Beweiserleichterung“. Konkret heißt das: Wenn beispielsweise keine ausreichende Dokumentation über ein Aufklärungsgespräch vorliegt, gilt im Zweifel, dass dieses nicht erfolgt ist. Bei besonders gravierenden Mängeln oder groben Pflichtverletzungen kann sich die Beweislast gemäß § 630h BGB sogar vollständig umkehren – der Arzt muss dann beweisen, dass sein Handeln nicht ursächlich war.
Typische Dokumentationsmängel
In der Praxis lassen sich häufig wiederkehrende Fehler feststellen, die im Streitfall zu rechtlichen Auseinandersetzungen führen:
- Fehlende Dokumentation von Aufklärungsgesprächen
- Unvollständige Einträge zu Diagnosen oder Therapien
- Nicht nachvollziehbare Eintragungen ohne Datum oder Uhrzeit
- Widersprüchliche Angaben in den Unterlagen
- Nachträgliche Änderungen ohne Kennzeichnung
Diese Mängel können im Prozess eine große Rolle spielen, da sie die Glaubwürdigkeit der ärztlichen Unterlagen infrage stellen.
Rechte der Patientinnen und Patienten

Patientinnen und Patienten haben nach § 630g BGB das Recht auf Einsicht in ihre vollständigen Patientenakten. Dazu gehören auch elektronische Aufzeichnungen. Verlangen sie mehr als eine Abschrift, müssen sie allerdings grundsätzlich die dabei entstehenden Kosten tragen. Die Kosten für die erste Kopie an den Patienten ist grundsätzlich frei.
Kommt es zu einem Rechtsstreit, können Betroffene folgende Ansprüche geltend machen:
- Schadensersatz: wenn durch fehlerhafte Behandlung ein gesundheitlicher und/oder sonstiger materieller Schaden entstanden ist
- Schmerzensgeld: sog. immaterieller Schaden, bei erheblichen körperlichen oder seelischen Beeinträchtigungen
- Beweislastumkehr: bei groben Behandlungsfehlern oder gravierenden Dokumentationsmängeln kann gemäß § 630h BGB vermutet werden, dass der Fehler ursächlich für den Schaden war
Wichtig: Aktuell wird auf gesetzgeberischer Ebene diskutiert, § 630g BGB anzupassen, sodass die erste Abschrift der Patientenakte bei Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen in Arzthaftungsfällen künftig unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden muss – insbesondere wegen europäischer Vorgaben aus der DSGVO.
Aktuelle Rechtsprechung
Die Gerichte haben die Bedeutung der Dokumentation in den letzten Jahren immer wieder betont. Der Bundesgerichtshof (BGH) stellt klar: Dokumentationsmängel führen regelmäßig zu Beweiserleichterungen für die Patientenseite. In manchen Fällen kann dies den entscheidenden Ausschlag für den Prozesserfolg geben.
Wichtig ist, dass Patientinnen und Patienten rechtzeitig Einsicht in ihre Akten nehmen und mögliche Unstimmigkeiten dokumentieren. Anwältinnen und Anwälte können diese Unterlagen gezielt prüfen und die Beweisführung strategisch aufbauen.
Rolle der Kanzlei Gesterkamp
Die Anwaltskanzlei Gesterkamp verfügt über langjährige Erfahrung im Medizin- und Arzthaftungsrecht. Gerade in Fällen mit Dokumentationsmängeln ist fundiertes Fachwissen entscheidend. Denn nur wer die Schnittstelle zwischen Medizin und Recht kennt, kann die Beweislastproblematik im Sinne der Betroffenen nutzen.

Für Mandantinnen und Mandanten bedeutet das: Sie können sich darauf verlassen, dass die Kanzlei alle Unterlagen prüft, mögliche Lücken aufdeckt und die rechtlichen Chancen realistisch einschätzt.
Fazit
Dokumentationsmängel sind kein bloßes Organisationsproblem, sondern können erhebliche rechtliche Folgen nach sich ziehen. Patientinnen und Patienten haben das Recht, auf eine lückenlose Dokumentation zu vertrauen – und wenn diese fehlt, eröffnet das rechtliche Möglichkeiten.
Gerade im Arzthaftungsrecht zeigt sich, dass eine fachkundige rechtliche Beratung entscheidend sein kann. Die Kanzlei Gesterkamp ist eine kompetente Ansprechpartnerin, wenn es darum geht, Ansprüche durchzusetzen und die eigenen Rechte zu sichern.
Sie vermuten einen Behandlungsfehler und haben Zweifel an der Dokumentation Ihrer Behandlung? Wenden Sie sich an die Anwaltskanzlei Gesterkamp. Wir prüfen Ihre Unterlagen und setzen Ihre Ansprüche konsequent durch.
