Braucht der Arbeitgeber immer einen Kündigungsgrund?
Wenn eine Kündigung ins Haus flattert, ist die erste Reaktion meist Schock und Unsicherheit. Viele Arbeitnehmer fragen sich dann: „Darf mein Arbeitgeber mich einfach so kündigen?“ Die Antwort lautet: Nicht immer – aber oft braucht der Arbeitgeber sehr wohl einen triftigen Grund. Entscheidend ist sehr oft, ob das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) Anwendung findet.
Wann gilt das Kündigungsschutzgesetz überhaupt?
Das Kündigungsschutzgesetz schützt Arbeitnehmer vor willkürlichen Kündigungen. Es gilt jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen:
- Das Arbeitsverhältnis besteht länger als sechs Monate ohne Unterbrechung (§ 1 Abs. 1 KSchG).
- Im Betrieb sind in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt (§ 23 Abs. 1 KSchG). Teilzeitkräfte werden anteilig berücksichtigt. Auszubildende sind bei der Schwellenwertbestimmung in der Regel nicht mitzuzählen.
Wenn beide Voraussetzungen erfüllt sind, darf der Arbeitgeber nicht grundlos kündigen. Er muss einen Kündigungsgründe nachweisen.
Welche Kündigungsgründe sind erlaubt?

Nach § 1 Abs. 2 KSchG ist eine Kündigung nur wirksam, wenn sie sozial gerechtfertigt ist. Das ist der Fall bei:
- Betriebsbedingten Gründen → z. B. bei Umstrukturierungen, Auftragsrückgang oder Schließung eines Standorts. Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass keine andere Beschäftigungsmöglichkeit besteht. Daran scheitert der Arbeitgeber oft, denn die Anforderungen sind hoch.
- Personenbedingten Gründen → etwa bei dauerhafter Krankheit, fehlender Arbeitserlaubnis oder Eignungsverlust. Die Gründe müssen nachvollziehbar sein. Aber die Anforderungen sind hoch.
- Verhaltensbedingten Gründen → z. B. wiederholtes Zuspätkommen, Arbeitsverweigerung oder Beleidigung. In der Regel ist eine vorherige Abmahnung erforderlich. Aber auch diese kann angegriffen werden.
Fehlt einer dieser Gründe, kann die Kündigung sozial ungerechtfertigt und damit rechtswidrig sein.
Wann darf der Arbeitgeber ohne Grund kündigen?
- In Kleinbetrieben mit bis zu zehn Arbeitnehmern gilt das Kündigungsschutzgesetz nicht (§ 23 Abs. 1 KSchG). Hier braucht der Arbeitgeber keine soziale Rechtfertigung (§ 1 KSchG) mehr. Kündigungen dürfen aber nicht willkürlich, eine Maßregel oder diskriminierend sein.
- Eine Kündigung ist auch dann unwirksam, wenn sie gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verstößt (z. B. wegen Alter, Geschlecht, Herkunft etc.) oder gegen andere spezielle Gesetze. Gleiches gilt, wenn sie treuwidrig oder sittenwidrig ist, oder formale Fehler enthält (z. B. fehlende Schriftform, unklare Fristen). Das AGG greift auch dann, wenn das KSchG keine Anwendung findet.
Kündigung während der Probezeit
- In der (wirksamen) Probezeit kann eine Kündigung ohne Begründung erfolgen. Die Dauer der Probezeit sowie Kündigungsfrist sind meist vertraglich geregelt.
- Trotzdem darf die Kündigung nicht diskriminierend, sittenwidrig sein oder gegen besondere Schutzrechte verstoßen.
- Wenn ein Sonderkündigungsschutz (z. B. Betriebsratsmitglied, Schwangere) besteht, kann dieser auch während der Probezeit gelten soweit z.B. gesetzlich vorgesehen. Advant Beiten+1
Besondere Kündigungsschutzgruppen

Einige Arbeitnehmer genießen besonderen Kündigungsschutz – unabhängig davon, ob das Kündigungsschutzgesetz voll greift:
- Schwangere und Mütter (nach Mutterschutzgesetz)
- Betriebsratsmitglieder (§ 15 KSchG)
- Schwerbehinderte Menschen (§ 168 SGB IX)
- Mitarbeiter in Elternzeit (§ 18 BEEG)
- bestimmte pflegende Personen
Hier ist eine Kündigung nur mit Zustimmung der zuständigen Behörde oder unter gesetzlichen Voraussetzungen möglich.
Form und Zugang der Kündigung
- Eine Kündigung ist nur wirksam, wenn sie schriftlich erfolgt mit eigenhändiger Unterschrift (§ 623 BGB). E-Mails, WhatsApp-Nachrichten oder mündliche Aussagen sind nicht ausreichend.
- Außerdem gilt eine Kündigung erst ab Zugang – also ab dem Zeitpunkt, zu dem der Arbeitnehmer das Schreiben in seinen Machtbereich gelangt.
Was tun bei einer Kündigung ohne Grund?
Wenn Sie eine Kündigung erhalten, sollten Sie IMMER handeln; nicht nur, wenn Sie Ihnen unberechtigt erscheint. Und zwar SOFORT. Sie haben nur drei Wochen Zeit, um eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einzureichen (§ 4 KSchG). Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht – wie die Kanzlei Gesterkamp – prüft:
- ob ein Kündigungsgrund tatsächlich vorliegt,
- ob die Kündigung formell korrekt ist,
- und ob sich eine Abfindung oder Weiterbeschäftigung durchsetzen lässt.
Fazit: Kündigung ohne Grund ist selten rechtens
Ein Arbeitgeber darf nicht beliebig kündigen. In den meisten Fällen ist ein sozial gerechtfertigter Grund erforderlich. Nur in Kleinbetrieben oder während der Probezeit kann eine Kündigung ohne Begründung zulässig sein – aber auch dann gelten klare rechtliche Grenzen.

Sie haben eine Kündigung erhalten und sind unsicher, ob sie rechtmäßig ist?
Die Kanzlei Gesterkamp unterstützt Sie dabei, Ihre Rechte zu prüfen und fristgerecht zu handeln.
