Habe ich immer Anspruch auf zusätzliches Urlaubsgeld?

Urlaubsgeld – Bonus oder Pflichtleistung?

Viele Arbeitnehmer freuen sich jedes Jahr auf das Urlaubsgeld, das oft zusätzlich zum regulären Gehalt ausgezahlt wird. Doch während manche Beschäftigte es automatisch erhalten, gehen andere leer aus. Hier taucht schnell die Frage auf: Gibt es eigentlich immer einen Anspruch auf Urlaubsgeld – oder ist es reine Kulanz des Arbeitgebers? Die Antwort hängt von mehreren Faktoren ab: Arbeitsvertrag, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung und betriebliche Übung.

Anspruch auf Urlaubsgeld

Kein gesetzlicher Anspruch auf Urlaubsgeld

Zunächst die wichtigste Klarstellung: Einen gesetzlichen Anspruch auf Urlaubsgeld gibt es nicht. Weder das Bundesurlaubsgesetz noch andere arbeitsrechtliche Vorschriften verpflichten Arbeitgeber, diese Sonderzahlung zu leisten.
Urlaubsgeld ist also eine freiwillige Zusatzleistung – es sei denn, eine andere rechtliche Grundlage begründet den Anspruch.

Anspruch durch Arbeitsvertrag

Ob Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaubsgeld haben, kann direkt im Arbeitsvertrag geregelt sein. Steht dort eindeutig, dass zusätzlich zum Gehalt Urlaubsgeld gezahlt wird, entsteht ein verbindlicher Anspruch.
Manchmal finden sich im Vertrag Formulierungen wie „freiwillige Leistung“ oder „nach Ermessen des Arbeitgebers“. Hier gilt Vorsicht: Solche Klauseln müssen klar formuliert sein. Wenn sie zu unbestimmt sind, können Gerichte im Zweifel zugunsten des Arbeitnehmers entscheiden.

Anspruch durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung

In vielen Branchen ist Urlaubsgeld in Tarifverträgen festgeschrieben. Dort wird häufig geregelt, wie hoch die Zahlung ausfällt, wann sie fällig ist und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen.
Auch eine Betriebsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat kann den Anspruch auf Urlaubsgeld verbindlich festlegen. Arbeitnehmer sollten also immer prüfen, ob für ihren Betrieb solche Vereinbarungen bestehen.

Betriebliche Übung als Anspruchsgrundlage

Selbst wenn weder Arbeitsvertrag noch Tarifvertrag etwas regeln, kann ein Anspruch auf Urlaubsgeld durch betriebliche Übung entstehen.
Das bedeutet: Zahlt der Arbeitgeber über mindestens drei Jahre hinweg regelmäßig Urlaubsgeld an seine Beschäftigten, so entsteht daraus ein verbindlicher Anspruch für die Zukunft – selbst wenn die Zahlung ursprünglich als freiwillige Leistung gedacht war.
Arbeitgeber können dies nur vermeiden, indem sie bei jeder Auszahlung klarstellen, dass es sich um eine einmalige freiwillige Zahlung ohne Rechtsanspruch für die Zukunft handelt. Hier kommt es auf die genaue Formulierung an, die zur Unwirksamkeit führen kann und deshalb immer überprüft werden sollte.

Unterschiede zwischen Urlaubsgeld und Urlaubsentgelt

Urlaubsgeld erhalten

Oft werden die Begriffe verwechselt:

  • Urlaubsentgelt: Das ist die normale Lohnfortzahlung während des Urlaubs, gesetzlich vorgeschrieben.
  • Urlaubsgeld: Eine zusätzliche Sonderzahlung, die über das normale Gehalt hinausgeht und nicht gesetzlich vorgeschrieben ist.

Für Arbeitnehmer ist es wichtig, diesen Unterschied zu kennen, um keine falschen Erwartungen zu haben.

Darf Urlaubsgeld gestrichen werden?

Wenn ein Anspruch auf Urlaubsgeld besteht – sei es durch Vertrag, Tarifvertrag oder betriebliche Übung – darf der Arbeitgeber die Zahlung nicht einfach einseitig einstellen.
Eine einseitige Streichung oder Kürzung ist nur möglich, wenn:

  • eine wirksame Freiwilligkeitsklausel im Vertrag steht,
  • eine Änderungskündigung erfolgt oder
  • wirtschaftliche Gründe in einer Betriebsvereinbarung neu geregelt werden.

Praxisbeispiele aus der Arbeitswelt

  • Fall 1: Ein Arbeitnehmer erhält drei Jahre in Folge Urlaubsgeld, ohne Hinweis auf Freiwilligkeit. → Anspruch entsteht durch betriebliche Übung.
  • Fall 2: Im Tarifvertrag ist Urlaubsgeld geregelt. → Arbeitgeber muss zahlen, egal ob er will oder nicht.
  • Fall 3: Arbeitsvertrag sieht Urlaubsgeld vor, aber mit „freiwilliger Leistung“-Klausel. → Anspruch hängt davon ab, wie eindeutig die Klausel formuliert ist. Eine Überprüfung der Formulierung ist immer ratsam.

Fazit: Urlaubsgeld ist nicht selbstverständlich

Arbeitnehmer haben nicht automatisch Anspruch auf Urlaubsgeld. Ob die Sonderzahlung gezahlt wird, hängt von vertraglichen, tariflichen oder betrieblichen Regelungen ab – oder davon, ob sich eine betriebliche Übung entwickelt hat. Wer unsicher ist, sollte seinen Arbeitsvertrag, mögliche Tarifverträge und die betriebliche Praxis genau prüfen.

Unsicher?

Sie sind unsicher, ob Anspruch auf Urlaubsgeld besteht oder ob Ihr Arbeitgeber eine bestehende Zahlung einstellen darf?

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