Kann mein Arbeitgeber mir per E-Mail oder WhatsApp kündigen?

Kann mein Arbeitgeber mir per E-Mail oder WhatsApp kündigen?

In einer Zeit, in der fast alle geschäftlichen Prozesse digital ablaufen, wirkt eine Kündigung per E-Mail oder WhatsApp zunächst praktisch und schnell. Doch Vorsicht: Nach deutschem Arbeitsrecht ist eine solche Kündigung nicht rechtswirksam. In diesem Beitrag erfährst du, welche gesetzlichen Regeln gelten, warum die Schriftform zwingend ist und was du tun solltest, wenn dein Arbeitgeber versucht, dich digital zu kündigen.

Kündigung per Mail oder Whatsapp

Gesetzliche Grundlage: § 623 BGB – Schriftform ist Pflicht

Nach § 623 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) muss jede Kündigung eines Arbeitsverhältnisses schriftlich und eigenhändig unterschrieben erfolgen. Das bedeutet konkret:

  • Eine E-Mail, WhatsApp-Nachricht, Fax oder ein PDF-Anhang reicht nicht aus.
  • Nur eine physische Unterschrift auf Papier erfüllt das gesetzliche Schriftformerfordernis (§ 126 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 623 BGB).
  • Auch eine qualifizierte elektronische Signatur (nach eIDAS-Verordnung) ersetzt die handschriftliche Unterschrift nicht, da § 623 BGB ausdrücklich die Schriftform mit handschriftlicher Unterschrift verlangt.

Diese Regel schützt Arbeitnehmer vor vorschnellen oder missverständlichen Kündigungen und sorgt dafür, dass eine Kündigung nachweisbar, verbindlich und überprüfbar ist.

Warum eine digitale Kündigung unwirksam ist

Eine Kündigung per E-Mail oder WhatsApp verletzt das Formgebot. Das hat zur Folge, dass sie rechtlich keine Wirkung entfaltet. Konkret bedeutet das:

Sie sind nicht gekündigt, auch wenn Ihr Arbeitgeber es behauptet.
Ihr Arbeitsverhältnis besteht weiter, bis Ihnen eine form- und fristgerechte Kündigung in Papierform mit Unterschrift zugeht.

Das Bundesarbeitsgericht und mehrere Landesarbeitsgerichte haben wiederholt bestätigt, dass eine Kündigung per Messenger, E-Mail oder Fax nicht den Anforderungen der §§ 623, 126 BGB genügt. Beispielsweise hat das Landesarbeitsgericht München eine WhatsApp-Kündigung als nichtig erklärt, da das Schriftformerfordernis nicht erfüllt war.

Was tun, wenn du digital gekündigt wirst?

Wenn Sie eine Kündigung per E-Mail, WhatsApp oder einem anderen digitalen Weg erhalten, sollten Sie:

  • Ruhe bewahren – rechtlich ist diese Kündigung nicht wirksam.
  • Nichts unterschreiben oder bestätigen. Auch eine Antwort wie „Ich habe die Kündigung erhalten“ kann falsch interpretiert werden.
  • Beweise sichern: Machen Sie Screenshots der Nachricht und speichern Sie alle relevanten Informationen.
  • Auf den Zugang einer schriftlichen Kündigung warten – erst dann beginnt die Frist für eine Kündigungsschutzklage.
  • Rechtsrat einholen. Eine frühzeitige anwaltliche Beratung kann verhindern, dass Sie wichtige Fristen oder Ansprüche verlieren.

Die Bedeutung des Zugangs: Wann gilt die Kündigung als zugestellt?

Digitale Kündigung

Auch eine formwirksame Kündigung ist nur dann wirksam, wenn sie dem Arbeitnehmer zugeht. Das heißt:

  • Der Brief muss in Ihren Machtbereich gelangen (z. B. in Ihren Briefkasten).
  • Eine E-Mail gilt nicht als Zugang im Sinne des Arbeitsrechts und genügt nicht.
  • Der Zugang ist entscheidend für die dreiwöchige Klagefrist nach § 4 Kündigungsschutzgesetz (KSchG).

Wisse: Wenn Sie also eine Kündigung per WhatsApp erhalten, läuft die Frist für eine Klage noch nicht. Erst mit dem Zugang des schriftlichen Kündigungsschreibens beginnt sie.

Sonderfall: Arbeitgeber in Insolvenz

Wenn Ihr Arbeitgeber Insolvenz anmeldet, gelten besondere Regeln:

  • Kündigungen können auch durch den Insolvenzverwalter ausgesprochen werden – aber auch hier gilt: schriftlich mit Originalunterschrift.
  • Der Insolvenzverwalter darf Arbeitsverhältnisse mit einer Frist von maximal drei Monaten zum Monatsende kündigen (§ 113 InsO).
  • Eine digitale Mitteilung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist unwirksam bzw. nichtig.
  • Prüfen Sie außerdem, ob Sie Anspruch auf Insolvenzgeld nach §§ 165 ff. SGB III haben – das sichert bis zu drei Monate rückständigen Lohn ab.

Vorteile für Arbeitnehmer und Nachteile für Arbeitgeber

Für Arbeitgeber kann eine digitale Kündigung erhebliche Folgen haben:

  • Das Arbeitsverhältnis besteht weiter, obwohl Arbeitgeber denken könnten, es sei beendet.
  • Lohnzahlungen müssen weiter erfolgen; Urlaubsansprüche entstehen.
  • Eine Probezeit kann ablaufen.
  • Kündigungsfristen verschieben oder verlängern sich.
  • Gerade kleinere Unternehmen unterschätzen oft die Bedeutung der Formvorschriften – was teuer werden kann.

Wie die Kanzlei Gesterkamp helfen kann

Gesterkamp Beratung bei  Kündigung

Wenn Sie eine Kündigung erhalten sollten Sie immer sofort rechtlichen Rat einholen. Die Kanzlei Gesterkamp prüft für Sie insbesondere:

  • ob die Kündigung formwirksam ist,
  • ob eine Kündigungsschutzklage sinnvoll und erfolgversprechend ist,
  • und ob Sie Anspruch auf Abfindung, Lohnfortzahlung, Urlaub oder Urlaubsabgeltung haben.

Gerade bei formfehlerhaften Kündigungen sind die Chancen, weiterbeschäftigt zu werden oder eine gute Abfindung auszuhandeln, sehr hoch.

Fazit: Ohne Originalunterschrift keine wirksame Kündigung

Eine Kündigung per E-Mail, WhatsApp oder Fax ist nicht gültig. Das Gesetz verlangt zwingend eine eigenhändige Unterschrift auf der Kündigung. Wenn Ihr Arbeitgeber digital kündigt, müssen Sie sich zunächst keine Sorgen machen – das Arbeitsverhältnis besteht fort, bis Sie ein schriftliches Kündigungsschreiben erhalten. Holen Sie sich aber unbedingt sofort anwaltliche Unterstützung, um Fristen und Rechte zu wahren sowie Sicherheit zu bekommen.

Wenn Sie unsicher sind, ob Ihre Kündigung wirksam ist, prüfen die Rechtsanwälte der Kanzlei Gesterkamp das kostenlos im Rahmen einer Ersteinschätzung. So wissen Sie schnell, welche Schritte Sie gehen sollten.

👉 Unsere Rechtsanwälte stehen Ihnen mit Erfahrung und Fachwissen im Arbeitsrecht zur Seite – individuell, kompetent und lösungsorientiert.

Andreas Gesterkamp

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