Unwirksamkeit von Pauschalhonoraren für ärztliche Leistungen

Aktuelle BGH-Rechtsprechung

In der medizinischen Praxis sind Pauschalhonorare für ärztliche Leistungen in Privatkliniken häufig vorzufinden. Viele Ärzte und Kliniken vereinbaren mit Patienten feste Beträge für bestimmte Behandlungen. Die Kliniken begründen dies mit der Vereinfachung der Abrechnung. Zudem stellen die Behandler es so dar, als ob durch die pauschale Abrechnung größtmögliche Transparenz geschaffen wird. Als weiterer Grund wird der vermeintlich große Aufwand oder die Komplexität der Behandlung angeführt, wodurch Hohe Pauschalhonorare gerechtfertigt werden.

Vielleicht ist das bei Ihnen persönlich auch schon vorgekommen? 

Die nachfolgenden Ausführungen geben einen Überblick darüber, inwieweit solche Vereinbarung unwirksam sein können und wie wir Ihnen helfen Ihre Ansprüche gegen die Behandler geltend zu machen und durchzusetzen. 

1. Hintergrund: Die Bedeutung der GOÄ für Privatkliniken

Die meisten ärztlichen Leistungen sind nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) abzurechnen. Die GOÄ ist eine verbindliche Regelung für die Abrechnung ärztlicher Leistungen. Sie legt genau fest, wie medizinische Leistungen abzurechnen sind, einschließlich der Möglichkeit, Honorare in bestimmten Grenzen anzupassen.

Ärzte können zwar unter bestimmten Bedingungen Honorarvereinbarungen mit Patienten treffen, doch diese müssen den formellen und inhaltlichen Anforderungen der GOÄ entsprechen. Eine vollständige Ablösung der GOÄ durch eine Pauschalpreisvereinbarung ist hingegen nicht zulässig.

Der Bundesgerichtshof hat in zwei aktuellen Urteilen klargestellt, dass solche Pauschalpreis-vereinbarungen in vielen Fällen unwirksam sind. Die Entscheidungen betonen die zwingende Anwendung GOÄ und werden erhebliche Auswirkungen auf die Abrechnung ärztlicher Leistungen in Privatkliniken haben. 

2. Erstes Urteil des BGH

In dem ersten Fall ließ sich der Kläger in einer Privatklinik mit der sogenannten Cyberknife-Technologie behandeln. Dabei handelt es sich um eine spezielle Form der Strahlentherapie, die zur Behandlung bestimmter Tumorerkrankungen eingesetzt wird.

Der Patient und die Klinik hatten ein Pauschalhonorar für die Behandlung vereinbart, das nicht nach den Vorgaben der GOÄ berechnet wurde. Als der Patient einen Teil des Honorars zurückforderte, stellte sich die Frage, ob diese Art der Abrechnung überhaupt wirksam war.

Der BGH entschied, dass die Pauschalpreisvereinbarung unwirksam ist, weil sie gegen die zwingenden Vorschriften der GOÄ verstößt. In seiner Begründung führte der BGH aus, dass die GOÄ auch für ambulante Behandlungen in Privatkliniken verbindlich ist und eine abweichende Pauschalvereinbarung daher nicht zulässig ist. Zudem stellte das Gericht klar, dass Patienten, die eine solche unzulässige Pauschalvergütung gezahlt haben, unter Umständen einen Anspruch auf Rückerstattung haben.

3.  Zweites Urteil des BGH

In dem zweiten Fall ließ sich eine Patientin in einer Privatklinik einer Liposuktion zur Behandlung eines Lipödems unterziehen. Auch in diesem Fall wurde ein Pauschalhonorar vereinbart, das nicht der GOÄ entsprach.

Die Patientin stellte sich nachträglich auf den Standpunkt, dass die vereinbarte Vergütung nicht wirksam sei, da sie nicht nach den GOÄ-Vorgaben berechnet wurde.

Der BGH folgte seiner Linie aus dem vorherigen Urteil und stellte erneut klar, dass auch Liposuktionen, die im Rahmen einer medizinisch notwendigen Behandlung durchgeführt werden, der GOÄ unterliegen. Zudem entschied das Gericht, dass die Gebührenziffer 2454 der GOÄ auf Liposuktionen zur Behandlung eines Lipödems anwendbar ist. Die Pauschalhonorarvereinbarung in diesem Fall war ebenfalls unwirksam, da sie die zwingenden Vorgaben der GOÄ umging.

Diese Entscheidungen stärken die Rechte von Patienten, da sie sicherstellen soll, dass ärztliche Leistungen nicht willkürlich abgerechnet werden. 

4. Konsequenzen für die ärztliche Praxis

Anhand der Rechtsprechung wird deutlich, dass die GOÄ für alle ärztlichen Leistungen in Privatkliniken verbindlich bleibt und in den meisten Fällen nicht durch individuelle Pauschal-vereinbarungen umgangen werden kann.

Darüber hinaus wird durch die Urteile klargestellt, dass Ärzte und Kliniken keine Pauschalpreise berechnen dürfen, wenn diese nicht den Vorgaben der GOÄ entsprechen. Eine solche Honorarvereinbarung ist nur unter engen Voraussetzungen zulässig, insbesondere dann, wenn sichergestellt ist, dass die Berechnung nach den Vorgaben der GOÄ erfolgt.

Für viele Privatkliniken kann die Rechtsprechung zudem erhebliche finanzielle Risiken mit sich bringen. Patienten, die bereits eine unzulässige Pauschalvergütung gezahlt haben, könnten auf Grundlage der BGH-Entscheidungen Rückforderungsansprüche geltend machen.

5. Was bedeutet diese Entwicklung für Sie als Patient?

Falls Sie eine ärztliche Behandlung erhalten und dafür ein Pauschalhonorar gezahlt haben, besteht die Möglichkeit, dass Sie Ihr Geld ganz oder teilweise zurückfordern können. Der BGH hat klar festgelegt, dass die GOÄ zwingend gilt und in der Regel nicht durch individuelle Pauschalpreis-vereinbarungen umgangen werden darf. 

Kommen Sie mit Ihrer Abrechnung gerne auf uns zu und wir übernehmen die Prüfung hinsichtlich Ihrer geschlossenen Vereinbarung. Nach erfolgter Prüfung beraten wir sie ausführlich und setzen Ihre bestehenden Rückzahlungsansprüche schnell und effizient – außergerichtlich und gerichtlich – für Sie durch. 

6. Fazit: Strenge Maßstäbe für die Abrechnung ärztlicher Leistungen

Die Urteile des BGH machen deutlich, dass die GOÄ ebenfalls für ambulante Behandlungen in Privatkliniken uneingeschränkt gilt. Ärzte und Kliniken können sich regelmäßig nicht durch individuelle Pauschalhonorarvereinbarungen von den Vorgaben der GOÄ lösen.

Pauschalhonorare sind unwirksam, wenn sie die GOÄ umgehen, und Patienten haben unter Umständen das Recht, zu viel gezahlte Beträge zurückzufordern.

Rechtsanwalt Paul Steinsiek

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